Bis vergangenen Samstag schien es so gewesen, als gäbe es eine neue europäische Teilung: in die (noch) liberalen Demokratien Westeuropas, und die zunehmend populistischer, asylkritischer und bisweilen sogar zunehmend autokratischer (Polen, Ungarn) auftretenden EU-Staaten Mittel- und Osteuropas. Doch mit der Wahl der 45-jährigen Bürgerrechtsanwältin Zuzana Čaputová zur ersten slowakischen Präsidentin scheint dieses Bild nicht mehr ganz zu stimmen. Eine Umwelt- und Anti-Korruptionsaktivistin, antiautoritär, geschieden, liberal und grün angehaucht, klar EU-freundlich, als Präsidentin der konservativen Slowakei? Vielleicht sollten auch wir Sozialdemokraten die EU des Jahres 2019 nicht so hartnäckig schlechtreden und schlechtschreiben, wie wir das so oft tun. Denn: Die Menschen sind wacher und politischer, als wir das in einer gewissen politischen Hochnäsigkeit oft glauben mögen. Die Slowaken haben Offenheit und Modernität gewählt, weil sie es für sich und ihr Land für richtig hielten. Wir sollten es den Osteuropäern zutrauen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, anstatt sie wie so oft in den Schubladen der Kategorien nach 1989 wegzusperren.
(Bild: Orange.man [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)])