Kolossales Ärgernis
„Ein freies Steuererfindungsrecht kommt weder dem Bund noch den Ländern zu.“ Das sind Sätze, die man als Vertreter der Bundesregierung in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wirklich nicht lesen will. „Die Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen an Bund und Länder durch Art. 105 GG in Verbindung mit Art. 106 GG ist abschließend. Der einfache Gesetzgeber darf nur solche Steuern einführen, deren Ertrag durch Art. 106 GG dem Bund, den Ländern oder Bund und Ländern gemeinschaftlich zugewiesen wird.“ Unter anderem mit dieser Begründung hat nun das BVerfG die sogenannte Atomsteuer der ehemaligen schwarz-gelben Bundesregierung gekippt. Das ist – in den Worten von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks – ein „kolossales Ärgernis“, und zwar nicht zuletzt für die Steuerzahler, die nun über 6 Mrd. Euro an Rückzahlungen dafür berappen müssen, dass man sich die Laufzeitverlängerungen für AKWs erkaufen wollte. Diese Watsche des Bundesverfassungsgerichts ist nun die (ausgesprochen teure) Rechnung für das Chaos, das Union und FDP damals in der Atompolitik angerichtet haben – und die negative Kehrseite der Merkelschen Politik „auf Sicht“: Laufzeitverlängerungen beschließen, mit einer (nunmehr nichtigen) Steuer schmackhaft machen, dann kurze Zeit später nach Fukushima der eilige Beschluss über den Atomausstieg. Eine planbare, nachhaltige Energiepolitik, die Menschen, Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen im Blick hat, sieht eben anders aus.