Am 7.9.2015 war der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić zu Gast im Europaausschuss.
Serbien spielt im Erweiterungsprozess der Europäischen Union eine besondere Rolle: Als großes und stabiles Land auf dem Balkan ist es schon jetzt für die EU ein natürlicher und wichtiger Partner. Serbien ist aber auch in vielerlei Hinsicht in der Balkanregion in einer Schlüsselstellung: Als zentraler Akteur der Balkankriege der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts kann Serbien viel zur Befriedung, Stabilisierung und Versöhnung in der Region beitragen: Die Serben insbesondere in der „Republika Srbska“ in Bosnien-Herzegowina schauen nach Serbien, ebenso wie die Serben im Norden Kosovos. Durch seine wirtschaftliche Stärke strahlt es auf die Nachbarstaaten aus.
Der Kosovo ist natürlich im Beitrittsprozess ein ganz besonders heikles Kapitel: Weil die Serben das Kosovo als integralen Teil Serbiens betrachten und daher die völkerrechtliche Anerkennung der Republik Kosovo verweigern, hat die EU die Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo zur Vorbedingung eines Beitrittes Serbiens zur EU gemacht. Am 25.8.2015 wurden hierbei in Brüssel zwischen Serbien und dem Kosovo wichtige Fortschritte erzielt. Spannend wird sein, wie eine Normalisierung der Beziehungen tatsächlich aussehen könnte. In Deutschland haben wir zu Zeiten der deutschen Teilung mit der Formel „zwei Staaten, die füreinander nicht Ausland sind“ gute Erfahrungen gemacht, dies habe ich gegenüber serbischen Diplomaten bereits zur Sprache gebracht.
Wie steht Serbien zu Russland und zur Thematik Flüchtingskrise?
Ein sensibles Thema ist für Serbien auch das Verhältnis zu Russland: Aus traditioneller, historischer Verbundenheit pflegt es gute Beziehungen zu Russland, strebt aber gleichzeitig in die EU.
Im Zuge der aktuellen Flüchtlingskrise rückt Serbien wieder in den europäischen Fokus: Auf ihrem Weg nach Mitteleuropa gelangen viele Flüchtlinge über Griechenland nach Serbien. Ungarn hat jedoch kürzlich an der Grenze zu Serbien einen Grenzzaun errichtet, was Serbien in der Flüchtlingskrise gleichsam den Schwarzen Peter zuschiebt und das Land vor schwere Probleme stellt.
Alle diese Fragen haben wir mit Ministerpräsident Vučić (zum Teil kontrovers) diskutiert. Kritisch haben wir auch die Lage bei Menschenrechten und der Pressefreiheit hinterfragt. Meine Fragen bezogen sich konkret auf den ungarischen Grenzzaun an der Nordgrenze Serbiens und zur humanitären Situation der Flüchtlinge. Die Themen werde ich am 9.9.2015 im Gespräch mit einer Delegation von serbischen Abgeordneten weiter vertiefen können.