SPD erneuern: Politik wie im richtigen Leben
In einem Zeitungsartikel las ich kürzlich den schönen Satz: „Die SPD vertritt ihre Überzeugungen umso glühender, je weniger Zustimmung sie findet.“ Da ist leider was dran. Eines unserer Grundprobleme ist, dass die Zielgruppe für unsere Themen oft nicht die Wählerinnen und Wähler sind, sondern wir selbst. Oft treten wir leidenschaftlich für Themen ein, die unsere eigentliche Zielgruppe nicht interessiert.
Beispiel Familiennachzug: Wir haben für ihn gekämpft, aber nicht so, dass wir nicht links überholt werden konnten, während unsere eigentliche Zielgruppe, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeiterinnen und Arbeiter, ihn ehrlicherweise größtenteils ablehnt.
Dann: Wir machen oft Politik für Menschen, die uns nicht wählen. Wir geben vor, Politik für die „einfachen“ Leute zu machen, die aber wenden sich (nach rechts oder links) ab, weil ihnen das Erreichte einfach zu mager ist. Wir feiern ein paar Euro Senkung irgendeines Beitrages als großen Erfolg, während die Beitragssenkung kaum für einen kleinen Einkauf reicht, andere aber gleichzeitig durch Finanzspekulation in Sekunden Millionengewinne machen.
Deswegen: Pragmatismus ist gefragt, und zwar nicht im Sinne des Flügel-Kampfbegriffs, sondern im Sinne einer Politik, die da ankommt, wo sie hinsoll. Die SPD ist eine Partei hoher, menschlicher Ideale, und das muss auch so bleiben. Wir müssen aber eben manchmal auch berücksichtigen, dass unsere Wählerinnen und Wähler konservativer, bodenständiger, praktischer denken als so manche unserer Funktionäre und Aktiven. Das wird uns oft wehtun. Aber das ist das richtige Leben.