Die Angleichung der Netzentgelte kommt!
In quasi letzter Minute, nämlich in der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages, haben sich die Koalitionsspitzen von CDU/CSU und SPD im Bundestag auf Maßnahmen zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur im Strommarkt (Netzentgeltmodernisierungsgesetz) verständigt.
Die zähen Verhandlungen mit der Union haben sich gelohnt: Durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Norden und im Osten Deutschlands entstehen erhebliche Lasten. Diese werden bislang allerdings nicht gerecht verteilt – zum Nachteil der nord- und ostdeutschen Bundesländer. Diese Effekte sind so stark, dass der Strom im Osten bislang im Schnitt 4 Cent pro Kilowattstunde teurer ist als im Süden oder Westen. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass dieser Ausbau in den oft wirtschaftlich schwächeren ländlichen Gegenden Ostdeutschlands stattfindet, der Strombedarf aber eher im Westen und im Süden Deutschlands besteht, führt dazu, das gerade die Regionen, welche ökologischen Strom aus erneuerbaren Energien für ganz Deutschland produzieren und durchleiten, mit höheren Strompreisen bestraft werden. Das ist niemandem – weder in Ost noch in West – zu vermitteln. Die SPD hat das geändert. Die Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte ist damit auch eine Frage der Gerechtigkeit und der gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Energiewende.
Ein wichtiger Erfolg, den die SPD erringen konnte, betrifft die Zukunft der steuerbaren dezentralen Anlagen wie Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Pumpspeicher. Gerade KWK-Anlagen werden zumeist von Kommunen betrieben – die meisten davon in Ostdeutschland. Durch die nun vereinbarten Regelungen zu den vermiedenen Netzentgelten gibt es jetzt Planungssicherheit für die Betreiber.
Der Ausbau von Wind auf See, Wind an Land und Photovoltaik-Anlagen führt dazu, dass die Kosten des Netzausbaus auf die Verbraucher in den jeweiligen Netzzonen der Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TenneT, 50Hertz und TransnetBW umgelegt werden. Die Höhe der Übertragungsnetzentgelte fließt in die Berechnung der Strompreise in den jeweiligen Netzzonen ein, sodass die Verbraucherinnen und Verbraucher an den Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien beteiligt werden. Weil aber ein wesentlicher Teil des Ausbaus in den neuen Bundesländern stattfindet, sind dort die Netzentgelte höher als in Gebieten mit niedrigerem Ausbauvolumen, wie z.B. Nordrhein-Westfalen, wo über niedrigere Netzentgelte dementsprechend niedrigere Strompreise entrichtet werden müssen.
Ein weiterer wichtiger Teil der Einigung umfasst den geplanten Abbau der sogenannten vermiedenen Netznutzungsentgelte (vNNE). Bisher wurde gegenüber Strom, der in den oberen Spannungsebenen wie dem 220 und 380 kV-Übertragungsnetz eingespeist und über die Hoch-, Mittel- und Niederspannungsebene nach unten zu den Verbrauchern transportiert wurde, die dezentrale Erzeugung, die die oberen Netzebenen nicht belastet, als generell die Netzkosten entlastend eingestuft. Alle dezentralen Anlagen erhielten deswegen bisher sogenannte „vermiedene Netznutzungsentgelte“ (vNNE), quasi eine Vergütung für dezentrale Erzeugung.
Der Anstieg dezentraler Erzeugung, insbesondere der aus Windkraftanlagen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen, führt allerdings dazu, dass zwischen Erzeugung und Verbrauch zum Teil große räumliche Entfernungen liegen. Zudem wird der Strom unregelmäßig eingespeist; die Schwankungen müssen durch Strom u.a. aus KWK-Anlagen ausgeglichen werden. Beides zusammen führt dazu, dass dezentrale Erzeugung zunehmend Netzkosten verursacht, weil der Strom über die vorgelagerten Netzebenen zu den Verbrauchszentren gebracht werden muss.
(Bild: (c) Ferrowohlen)