Wie seit 1845 im „Vier-Jahres-Takt“ fanden auch dieses Jahr am „ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November“ die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika statt. Etwas anders als prognostiziert, aber ähnlich wie vor vier Jahren, erleben wir wieder ein Kopf-an-Kopf Rennen um das höchste Amt im Bundesstaat.
Der große Unterschied ist, dass der Wahlsieger auch zwei Tage nach Schließung der Wahllokale nicht feststeht. Anders als von der „world’s greatest democracy“ erwartet, hat sich der amtierende US-Präsident Donald Trump schon in der Wahlnacht, während der laufenden Auszählung, zum Sieger erklärt. Zudem kündigte er an, seinen Anspruch auf das Amt vor das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten zu bringen. Ebenso wurden seine Rufe „Wahlbetrug!“, die er schon seit Wochen kundtat, lauter.
Sein Herausforderer, Joe Biden, rief dagegen alle Bürgerinnen und Bürger zur Geduld auf, bat die Auszählung aller Stimmen abzuwarten: „Let every vote be counted.“ Auch nachdem laut Prognosen Wisconsin und Michigan für Biden gekippt sind, werden aus den Reihen der Demokratischen Partei die Botschaften „jede Stimme muss ausgezählt werden“ und „jede Stimme zählt“ propagiert – eine Voraussetzung für freie, demokratische Wahlen, würde man meinen.
Die USA verzeichnet die höchste Wahlbeteiligung ihrer Geschichte. Dass Rechtsnationalisten wie Le Pen, der slowenische Ministerpräsident Jansa oder AfD-Chef Meuthen kein Problem im Aufruf zur Nichtauszählung aller Wahlzettel sehen oder gar Trump schon zum Wahlsieg gratulieren, ist wenig überraschend. Es gibt keine „alternative Demokratie“, in der nur die eigenen Stimmen zählen. Oder, wie Olaf Scholz das schon am Mittwoch gesagt hat: „Zur Demokratie gehört es, dass man das Wahlergebnis akzeptiert. Das sollte auch für amtierende Präsidenten so sein.“