Die zähen Brexit-Verhandlungen kreisen seit Monaten um dieselbe Frage: Wird es einen geordneten oder einen ungeordneten Brexit (d.h. ohne Austrittsabkommen) geben? Je näher das Austrittsdatum Großbritanniens am 29. März 2019 rückt, desto fassungsloser und frustrierter verfolgen die übrigen EU-Staaten die waghalsigen politischen Manöver der Briten. Nun hat Premierministerin Theresa May die EU um einen Aufschub des Brexits bis Ende Juni gebeten. Problem dabei auch: Am 23.-26. Mai 2019 wird das europäische Parlament neu gewählt. Bei einer Verschiebung wie erbeten müssten die Britinnen und Briten dann eigentlich noch mitwählen dürfen. In einem sogenannten „room document“ hat die EU deshalb unlängst zwei Optionen offengelegt: Entweder Großbritannien verlässt die EU zum 1. Juli oder aber das Land muss an der Wahl teilnehmen. Aber mit welchem Ziel, wenn Großbritannien einen Austritt anstrebt? Mit welchem Recht sollten britische Mandatsträger noch Einfluss auf die Zukunft der EU nehmen können, wenn das von ihnen vertretene Land entschieden hat, kein Teil mehr davon sein zu wollen? So könnte es sogar sein, dass zuletzt jene politischen Brandstifter von der zeitlichen Verschleppung des Brexit profitieren könnten, die ihn zu einem großen Teil mitzuverantworten haben – und zwar auch in konkret finanzieller Hinsicht. So hat Nigel Farage, der von Beginn an als eifriger Agitator für den Brexit in Erscheinung trat, bereits im Februar 2019 angekündigt, für das EU-Parlament zu kandidieren, sollte der Brexit nicht zum 30. März durchgesetzt werden. Es wäre ein fatales, ein nicht zu rechtfertigendes Ergebnis, sollten Farage und seine Mitstreiter mit einem von EU-Geldern finanzierten Mandat für ihre Politik belohnt werden, deren katastrophale Folgen noch längst nicht vollständig absehbar sind.
(Bild: Bild: Royal Navy, LA(Phot) Simmo Simpson. This file is licensed under the Open Government Licence v1.0 (OGL).)