Gesundheit bleibt Privatsache

Gesundheit ist Privatsache. Für jede Bürgerin, jeden Bürger ist es eine Selbstverständlichkeit, dass seine Unterlagen von Ärzten vertraulich behandelt werden. Umso irritierender ist es vor diesem Hintergrund, wenn nun einige Stimmen mit konstanter Lautstärke fordern, die Kanzlerin solle mehr Informationen über ihren Gesundheitszustand veröffentlichen. Selbstverständlich muss eine Regierungschefin gesundheitlich dazu in der Lage sein, zu regieren. Und selbstverständlich kann in der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, in der wir leben, die Frage gestellt werden, wie es der Kanzlerin geht. Jedoch ist die Art, wie einige Medien und Personen über ihren Gesundheitszustand spekulieren, moralisch völlig indiskutabel! Allerspätestens dann, wenn Lippenleser herangezogen werden, um zu entschlüsseln, was die Kanzlerin in einem offensichtlichen Moment der Schwäche gemurmelt haben könnte, ist für mich eindeutig eine Grenze überschritten. Aber bereits davor wurden Möglichkeiten, Anstand und Moral zu beweisen, einfach ignoriert. Im Kanzleramt oder Schloss Bellevue hatten Kameraleute, Fotografen, Redakteure genau zwei Möglichkeiten, als sie die Zitteranfälle bemerkten: Sich auf die anderen Akteure wie Bundespräsident, Staatsgast, Orchester, Ehrenformation zu fokussieren oder eben gnadenlos und kalt auf die Kanzlerin zu halten. Sie haben sich falsch entschieden.


Fakt ist, Angela Merkel hat drei Mal in der Öffentlichkeit gezittert. Aber Fakt ist auch, sie hat danach versichert, dass es ihr gut geht und dass sie den Anforderungen ihres Amtes weiterhin gewachsen ist. Sie hat es nicht nur versichert, sondern sogar bewiesen, indem sie ihr normales Arbeitspensum beibehalten und keinen Termin abgesagt hat. Wer also fordert, dass die Kanzlerin detaillierter über ihren Gesundheitszustand Auskunft gibt, kann dies nicht mehr mit objektiv nachvollziehbarer Besorgnis begründen. Sondern muss sich den Vorwurf gefallen lassen, aus destruktiver Sensationslust und ohne jede Grundlage Zweifel an Merkels Erklärung zu verbreiten. Ich wünsche der Kanzlerin, dass sie nun, im Urlaub, die für eine schnelle Genesung nötige Ruhe und Entspannung findet.

Bild: mcmurryjulie auf Pixabay