Deutsche Bahn: Zeit für eine Bahnreform II!
Die Eisenbahn in Deutschland hat eine bewegte Geschichte hinter sich, mit der Bahnreform 1994-1999 als letzter wirklich großer Zäsur: Am 1. Januar 1994 wurden Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn zusammengeführt, aus der behäbigen Beamtenbahn DB und der technisch heruntergewirtschafteten DR wurde der moderne, privatwirtschaftlich organisierte Konzern Deutsche Bahn geformt. 1996 trat das „Regionalisierungsgesetz“ für den Nahverkehr in Kraft, wonach die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für den Schienennahverkehr vom Bund auf die Länder überging. 1999 dann trat die zweite Stufe der Bahnreform in Kraft: Die Geschäftsbereiche Fern-, Nah-, Ladungsverkehr und Fahrweg sowie Personenbahnhöfe wurden als Aktiengesellschaften ausgegliedert und dadurch das Unternehmen als mehrstufiger Konzern gesellschaftsrechtlich als Holding geführt.
Allen Unkenrufen zum Trotz hat die Bahnreform erhebliche Verbesserungen in Service und Komfort mit sich gebracht, nicht zuletzt auch durch die Öffnung des Bahnnetzes für private Konkurrenten und den daraus resultierenden Wettbewerb auf der Schiene.
Doch die Privatisierung der Bahn hat auch erhebliche Opfer gefordert: In dem Bemühen, die Bahn zu verschlanken und international wettbewerbsfähig zu machen, hat man Raubbau an Infrastruktur, Personal und Material betrieben und dringend notwendige Investitionen vernachlässigt. Die Folgen sehen wir jetzt: überlastete Knoten, mangelnde Mehrgleisigkeit auf Hauptstrecken, Personalmangel in allen Bereichen und verwitternde, verwaiste Bahnhöfe in der Fläche.
Es ist deswegen Zeit für eine neue Bahn-Reform. Sie muss die Deutsche Bahn gleichzeitig moderner und solider machen:
Die Bahn besteht heute aus (je nach Zählung) 20 Konzernunternehmen, mit Beteiligungen an einer Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland. Statt einer zersplitterten Holding-Struktur braucht es aber die Konzentration auf im Wesentlichen zwei (auch unternehmensrechtliche) Teilbereiche: Netz und Betrieb. Innerhalb dieser klaren Aufteilung wird es dann möglich sein, das vorhandene Personal, zum Beispiel die so händeringend gesuchten Lokführer, flexibel einzusetzen, nämlich immer da, wo sie gerade gebraucht werden. Diese „Freizügigkeit des Personals“ kann dann aber auch „Freizügigkeit der Technik“ bedeuten. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob Personal oder Technik bei DB Regio, DB Cargo oder DB Fernverkehr eingesetzt werden.
Die Bahn unternehmensrechtlich wieder zu straffen, würde auch bedeuten, dass der Konzern im laufenden Geschäft nicht mehr beständig an sich selber Zahlungen (mit entsprechender Bürokratie) leisten muss: So zahlt beispielsweise die DB Fernverkehr Stationsentgelte für die Nutzung von Bahnhöfen an DB Station&Service, während DB Station&Service wiederum für die Leistungen von DB Sicherheit und DB Services an den Bahnhöfen bezahlt, und gleichzeitig DB Energie wieder gegen Entgelt dafür sorgt, dass an den Bahnhöfen Licht brennt, etc.
Bei all dem muss die oberste Priorität sein, die Bahn als mehrheitlich bundeseigenes Unternehmen wieder auf ihr Brot- und Butter-Geschäft festzulegen: nämlich die Erbringung von Personen- und Güterverkehrsleistungen im Inland und auf den Strecken der Transeuropäischen Netze (TEN). Nur so kann das Ziel erreicht werden, die Zahl der Bahnkundinnen und -kunden bis 2030 zu verdoppeln und mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern.